Sonntag, 17. Februar 2013

Der Hanfbuchstabe

Ob zum Drucken, zum Schreiben, zum Lesen, oder zum Naseputzen. Jeder braucht es: Papier. Und für Papier muss kostbarer Regenwald sterben, lernen wir in der Schule. Aus was wird dann so genanntes Ökopapier hergestellt und warum ist das besser als weißes?

Jährlich fallen weltweit ungefähr 15 Millionen Hektar Wald den Menschen zum Opfer. Circa die Hälfte davon verarbeitet allein die Papierindustrie. Es ist Zeit für die Alternative Hanf.

Doch blicken wir erst mal in die Gegenwart: In Deutschland allein haben wir einen jährlichen pro Kopf Verbrauch von 190 Kilogramm Papier. Bis 2010 soll sich das sogar, laut World Watch Institut, verdoppeln. Da circa 92 Prozent des derzeitig hergestellten Papiers aus dem Rohstoff Holz bestehen, nimmt der Abholzungsdruck auf die uns noch erhalten gebliebenen (Ur-)Wälder weiter zu. Durch den steigenden Bedarf müssen jährlich rund zehn Millionen Hektar Wald aufgeforstet werden. Und das, obwohl die Abholzung der Wälder eine ernstzunehmende Bedrohung für Mensch und Umwelt ist. Nicht nur, dass Ökosysteme geschwächt werden, auch die vorangetriebene Bodenerosion und der verstärkte Treibhauseffekt sind Folgen der Abholzung.
lampen aus hanfpappier
Lampen aus Hanfpapier. www.tropechopf.ch

Noch dazu ist die Papierherstellung aus Holz ein sehr energie- und chemikalienaufwendiges Verfahren. Das Endprodukt Papier steht dabei in einem sehr schlechten mengenmäßigen Verhältnis mit den benötigten Rohstoffen, Energie, Wasser und Chemikalien. Um Papier zu erhalten, muss die Holzstruktur völlig zerstört werden. Unerwünschte Bestandteile wie Lignine , Harze, Gerbstoffe und Wachse sind dabei chemisch zu entfernen.

Bei so viel Aufwand ist es kaum verwunderlich, dass Bäume für die Papierherstellung erst seit Mitte des 19. Jahrhunderts gefällt werden. Vorher nutzte man dafür Papyrus, Hanf und Lumpenstoffe. Der britische Papierhersteller Robert Fletscher & Sons kaufte nach dem zweiten Weltkrieg sogar Sträflingskleidung aus Konzentrationslagern, soweit sie aus Hanf bestanden, um sie zu Papier zu verarbeiten.

Hanf als Alternative

Die Chinesen hingegen haben bereits 500 Jahre vor unserer Zeitrechnung die Papierherstellung aus Hanf entwickelt.

Der Fasergehalt des Hanfes ist zum Teil höher als der anderer holzfreien Quellen der Zellstoffherstellung wie Flachs, Jute, Bambus und Getreidestroh. Auf jeden Fall lassen sich die gewachsenen Strukturen von Pflanzenfasern generell leichter aus den Stängeln lösen. Zellstoff und Papier aus Pflanzenfasern lassen sich deshalb mit weniger Chemikalien und damit umweltfreundlicher herstellen. Für die Papierindustrie sind vor allem Hanfsorten mit einem langen Stängel und einem niedrigen THC -Gehalt interessant. Diese weisen nämlich eine hohe Resistenz gegen Bodenkrankheiten (Parasiten und Schimmel) auf. Wird die gesamte Hanfpflanze zur Zellstoffherstellung genutzt, ist der Ertrag rund viermal höher als bei der Holznutzung. Die Eigenschaften des Hanfpapiers sind ähnlich denen der Hanftextilien. Es ist haltbarer, reißfester und unempfindlicher gegen Feuchtigkeit.
Überhaupt sind Hanfpflanzen sehr gut zur Papierherstellung geeignet, da sie zu 50 Prozent aus Zellulose bestehen, gleichzeitig aber einen viel geringeren Ligningehalt als Holz haben. Der Ligningehalt ist es, der die Höhe des Chemikalieneinsatzes beim Herstellungs- und Bleichprozess bestimmt. Für das herausgelöste Lignin gibt es derzeit keine kommerzielle Verwendung. Von daher wird es nach wie vor in Müllverbrennungsanlagen ?beseitigt?.

Eine einzelne holzverarbeitende Zellstofffabrik produziert mindestens 250 000 Tonnen Zellstoff pro Jahr. Vergleichend dazu stellen weltweit, alle hanffaserverarbeitenden Fabriken, gerade mal 120 000 Tonnen Zellstoff aus Hanffasern her. Eine verschwindend geringe Zahl, führen wir uns im Vergleich zum Holz die Vorteile von Hanfpapier vor Augen.

Wer, wo und warum nicht mehr?

Gegenwärtig wird der Hanffaser-Zellstoffs vor allem für Zigaretten- und Filterpapier, Teebeutel und Papiergeld genutzt.

Seit 1993 bietet der größte deutsche Papierhändler Druck- und Schreibpapiere aus Hanf-Altpapier-Mischungen an und seit 1994 eine komplette Kollektion verschiedener Hanfpapiere. In England gibt es Papierangebote, die aus einer Mischung von Hanf- und Strohfasern hergestellt sind. In Ungarn wurde 1994 erstmals Druck und Schreibpapier aus 100 Prozent Hanf vorgestellt. Raucher kennen es vielleicht, belgische und französische Zigarettenpapierhersteller benutzen schon lange Hanfzellstoff zur Herstellung ihrer Waren. Auch in Deutschland stellte ein Zigarettenpapierhersteller seine Rohstoffbasis um.
Es gibt es also, das Papier aus Hanf. Man muss nur danach suchen.
Leider ist zurzeit das Hanfpapier auf dem Markt noch verhältnismäßig teuer. Das liegt zum einen an fehlenden Investitionen um mehr hanfverarbeitende Fabriken zu bauen, zum anderen an der fehlenden Weiterentwicklung der Technologien. Der Faseraufschluss zur Zellstoffherstellung aus Einjahrespflanzen ist noch nicht soweit fortgeschritten wie das der Holzverarbeitung. Geeignete Verfahren können das Acetosolv beziehungsweise Formacell-Verfahren sein. Mit Hilfe von Essig- und Salzsäure bewerkstelligen sie bei 110 Grad Celsius den Aufschluss der Faser.

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